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Gesundheit

Wenn die Sprache ausbleibt: Umgang mit Aphasie

6. Juni 2022 4 min. Lesezeit

Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung. Sie entsteht infolge einer Schädigung des Gehirns bzw. der entsprechenden Areale, die für die Sprachmotorik, das Sprachverständnis, sowie nonverbale Anteile der Sprache zuständig sind.

Zumeist tritt eine Aphasie nach nicht-fortschreitenden Schädigungen des Gehirns, wie z.B. im Zuge eines Schlaganfalls, auf. Eine akut auftretende Sprachstörung ist eines der Leitsymptome (FAST-Regel) bei einem Schlaganfall.

Buchstaben kommen aus dem geöffneten Mund eines Mannes

Formen der Aphasie

Broca-Aphasie (motorische Aphasie):

Die Broca-Aphasie betrifft vor allem die Sprachproduktion. Das Sprechen ist oft sehr langsam, die betroffenen Patienten machen den Eindruck sehr lange nachzudenken bzw. finden die entsprechenden Worte nicht. Oft findet das Sprechen im „Telegrammstil“ statt: Betroffene sprechen in Ein- oder Zweiwortsätzen, grammatikalisch oft fehlerhaft. Auch die Artikulation der Worte (Dysarthrie) sowie Lesen und Schreiben sind beeinträchtigt.

Das Verständnis von Sprache ist häufig nicht oder nur teilweise beeinträchtigt.

Die Schwierigkeiten sich auszudrücken sind für Betroffene beschwerlich und können dazu führen, dass Patienten immer weniger kommunizieren.

Wernicke-Aphasie (sensorische Aphasie):

Von einer Wernicke-Aphasie betroffene Patienten sprechen oft viel und verwenden Wörter falsch. Betroffene merken selbst nicht, dass sie unzusammenhängende Dinge erzählen.

Auch das Verstehen anderer Personen, Lesen und Schreiben sind gestört. Das macht die verbale Kommunikation manchmal unmöglich. Nonverbale Signale können hier hilfreich sein.

Betroffene reagieren im Alltag oft mit starkem Unverständnis auf ihr Umfeld. Ihnen ist nicht klar, wieso das Gegenüber sie nicht versteht.

Anamnestische Aphasie:

Bei der anamnestischen Aphasie ist hauptsächlich die Wortfindung betroffen. Sprachverständnis, Lesen und Schreiben sind meist nur wenig eingeschränkt. Die Kommunikation mit betroffenen Patienten ist im Großen und Ganzen gut möglich.

Globale Aphasie:

Bei ausgedehnten Schlaganfällen der mittleren Gehirnarterie (Arteria cerebri media) kann es zu einem kompletten Ausfall der Sprache und des Sprachverständnisses kommen. Die betroffenen Patienten sprechen in vielen Automatismen, in Phrasen, die häufig wiederholt werden oder sie sprechen wenig bis gar nicht. Auch Lesen, Schreiben und die Körpersprache sind beeinträchtigt.

Der Umgang mit Betroffenen von Sprach- und Sprechstörungen erfordert von allen Seiten viel Geduld und Einfühlungsvermögen.


Diagnose einer Aphasie

Häufig treten Sprachstörungen in Zusammenhang mit einem Schlaganfall auf. Tritt eine Sprachstörung ohne erkennbaren Grund auf, muss eine Abgrenzung zu anderen möglichen Ursachen (Schwerhörigkeit, etc.) erfolgen.

Parameter zur Feststellung von Sprachstörungen

  • Spontansprache: u.a. Wie viele Wörter werden verwendet? Wie flüssig ist die Sprache? Wird gezögert?
  • Wiederholung: Ist der Patienten in der Lage, grammatikalisch komplexe Sätze zu wiederholen?
  • Verstehen: Erkennt der Patienten benannte Objekte? Können einfache oder mehrstufige Kommandos befolgt werden? Können einfache oder komplexe Ja-oder-Nein-Fragen beantwortet werden?
  • Benennung von Objekten: Bei Sprachstörungen werden oft Umschreibungen verwendet (z. B. „was man benutzt, um die Zeit anzugeben“ anstatt „Uhr“).
  • Lesen und Schreiben: Leseverständnis, Rechtschreibung und Schreiben nach Diktat werden bewertet.

Zur Diagnostik einer Aphasie werden standardisierte Aphasietests (z.B. Aachener-Aphasie-Test) durchgeführt.


Prognose und Behandlung von Sprachstörungen (Aphasie) nach einem Schlaganfall

Die Prognose bei Aphasie hängt vom Ausmaß der Schädigung und dem Schweregrad der Störung ab. Auch der gesundheitliche Allgemeinzustand, Begleitsymptome und die Motivation sind relevant. 

In den ersten sechs Monaten nach einem Schlaganfall kann eine spontane Rückbildung der aphasischen Symptome stattfinden. Durch Logopädie wird die Rückbildung der Sprachstörung unterstützt und verbessert. 

Professionelle Beratung und Therapie sind wichtig im Umgang mit Aphasie. Je früher die Therapie begonnen wird und je regelmäßiger sie stattfindet, desto besser ist die Prognose. Ziel der Therapie ist die Reaktivierung der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit.

Umgang mit Personen mit Aphasie

Aphasie ist eine Sprachstörung und keine Störung des Intellekts. Betroffene Personen haben nur Schwierigkeiten sich auszudrücken. Ihre Intelligenz ist nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Diese Unterscheidung ist im Umgang mit betroffenen Personen besonders wichtig.

Älteres Paar sitzt glücklich auf der Couch

So verbessern Sie die Kommunikation mit Aphasie Patienten 

SPRECHEN

  1. Schaffen Sie eine ruhige Umgebung.
  2. Sprechen Sie ruhig, nicht zu schnell, aber natürlich und in normaler Lautstärke.
  3. Sprechen Sie in kurzen Sätzen. Auch kleine Pausen zwischen den Sätzen können helfen, damit Sie besser verstanden werden.
  4. Setzen Sie nonverbale Signale ein. Tonfall, Mimik und Körpersprache sowie Schrift und Bilder können helfen, dass Betroffene dem Gesagten besser folgen können.
  5. Wird das Gesagte nicht sofort verstanden, versuchen Sie es mit einer anderen Formulierung.
  6. Verwenden Sie wenn möglich Ja/Nein-Fragen anstelle von offenen Fragen.
  7. Für Patienten mit einer Aphasie sind Zweiergespräche einfacher zu führen, als Gruppengespräche.

VERSTEHEN

  1. Zuhören bedeutet warten: Betroffene benötigen mehr Zeit für Äußerungen.
  2. Hören Sie mit dem Herz: Versuchen Sie die Absicht des Betroffenen zu verstehen.
  3. Durch die Sprache hindurchhören: Nicht ständig unterbrechen oder verbessern. Warten Sie ab, häufig ergibt sich der Sinn nachträglich.
  4. Die Dinge sprechen lassen: Mitdenken und genaues Beobachten der Situation helfen beim Verstehen.
  5. Versuchen Sie gemeinsam mit dem Betroffenen herauszufinden, worauf sich die Aussage bezieht. Auch nicht-sprachliche Äußerungen akzeptieren.
  6. Bei hartnäckigen Wortwiederholungen unterbrechen und ablenken.
  7. Nicht aufgeben! Schlüsselsatz: Wir werden es gemeinsam herausfinden – fang nochmal an!
  8. Übermäßiges Konzentrieren hilft nicht! Schlüsselsatz: Vielleicht kannst du es später sagen.

Autorin: Saskia Wibner



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