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Gesundheit

Schlaganfall und Yoga: Das sagt die Evidenz

14. Februar 2022 5 min. Lesezeit

Ein Schlaganfall kennzeichnet oft einen Wendepunkt im Leben. Die bisherige Lebensweise wird hinterfragt. Als ganzheitliche Lebenseinstellung verspricht Yoga Körper, Geist und Seele wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Gibt es wissenschaftliche Belege zur Wirkung von Yoga? Und ist Yoga auch für Schlaganfallpatienten geeignet? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir uns die aktuelle Studien- und Forschungslage rund um das Thema Yoga bei Schlaganfallpatienten angesehen.

Zwei Männer und zwei Frauen in einer entspannenden Yoga Position

Wie kann Yoga nach einem Schlaganfall unterstützen?

Nach einem Schlaganfall können Bewegungs-, Gleichgewichts- und Wahrnehmungsstörungen auftreten. Sprache, Konzentration und Gedächtnis sind ebenfalls häufig betroffen. Die neue Lebenssituation kann zu psychischen Problemen und/oder einer Depression führen.

Yoga Übungen können als ergänzende Therapiemaßnahme, egal ob nach einem Schlaganfall oder bei einem anderen Krankheitsbild, zu verschiedenen gesundheitlichen Benefits führen: 

  • Stärkung von Muskeln, Knochen, Sehnen und Bändern
  • Verbesserung der Beweglichkeit
  • Förderung von Achtsamkeit, Konzentration und der Fähigkeit zu Entspannen
  • Verbesserung von Gleichgewicht, Propriozeption und posturaler Kontrolle
  • Reduktion von Stress, depressiven Verstimmungen und Angstzuständen
  • Förderung des Wohlbefindens und von sozialen Faktoren
  • Schulung von Gehirn und Gedächtnis
  • Schmerzreduktion

Fehler machen für die Neuroplastizität

Nach einem Schlaganfall muss gelernt werden, mit der neuen Lebenssituation umzugehen. Viele, zuvor automatisierte Bewegungsabläufe müssen neu erlernt werden. An dieser Stelle kann Yoga zu einer wertvollen Stütze werden.

Die Matte ist das Versuchslabor: Es werden Bewegungen geübt, die man später im Alltag braucht. Funktioniert Plan A nicht, wird Plan B ausprobiert. Fehler sind erlaubt und gewollt. Wenn Kleinkinder immer gleich aufgeben würden, wenn sie auf dem Allerwertesten landen, würden sie nie gehen lernen. Diese Gelassenheit nimmt Betroffenen die Angst vor Stürzen im Alltag.

Wenn eine Bewegung noch nicht funktioniert, kann am Bewegungsmuster gearbeitet werden. Kann ein Teil der Bewegung ausgeführt werden? Gelingt es die notwendigen Muskeln zu aktivieren? Das sind Teilerfolge.

Insbesondere bei neurologischen Patienten sind häufige Wiederholungen wichtig, um die geschädigten Gehirnareale zu stimulieren. Das Gehirn hat die Fähigkeit sich zu regenerieren. Wenn eine neurologische „Straße“ geschlossen ist, findet das Gehirn bei entsprechenden Reizen Umwege, um trotzdem ans Ziel zu gelangen. Diese Eigenschaft nennt sich Neuroplastizität.


Evidenz zu Yoga bei Schlaganfallpatienten

Die Cochrane Collaboration hat 2017 einen Review zum Thema Yoga bei Schlaganfallpatienten veröffentlicht. Als internationale, unabhängige Organisation gilt Cochrane gewissermaßen als der Goldstandard für Studien. Im Cochrane Review zu Schlaganfall und Yoga konnten drei statistisch relevante Ergebnisse gefunden werden. 

Die Teilnahme an einem regelmäßigen Yoga-Programm hat bei Patienten nach einem Schlaganfall

  • die Gedächtnisleistung verbessert,
  • das Auftreten von Angstgefühlen reduziert,
  • und den Bewegungsumfang in einzelnen Körperbereichen vergrößert.

Studienlage zu Yoga bei Schlaganfallpatienten

Insgesamt ist die Studienlage zu Yoga und Schlaganfall noch recht dünn. Es fehlt an großen, hochwertigen Studien, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Yoga bei Schlaganfallpatienten eindeutig belegen zu können. Nichtsdestotrotz gibt es viele kleinere Studien, die einen positiven Trend zeigen.

Yoga ist ein komplexes System, das aus den Teilelementen Bewegung, Atmung und Meditation besteht. 

  • Bewegung stärkt die Muskeln und Knochen, das Herz-Kreislauf-System, Koordination, Ausdauer und Beweglichkeit.
  • Bewusste tiefe Atmung führt zu einer verbesserten Körperwahrnehmung, zu geistig-seelischer Entspannung, Stressreduktion und zu einer erhöhten Atemkapazität.
  • Meditation verbessert die Aufmerksamkeit, Emotionsregulation und den Umgang mit Stress.

Yoga nach einem Schlaganfall: Was muss ich beachten?

Bei bestehenden körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen ist die ärztliche Abklärung der erste Schritt vor Beginn einer Yoga-Praxis.

Egal welche Einschränkung vorliegt, Yoga geht immer. Ja, wirklich immer. Körperliche Yoga Übungen sind nur ein Teil der Yoga Praxis. Daher können selbst stark eingeschränkte Personen praktizieren.

Auch wenn ein Patient im Rollstuhl sitz, kann der Oberkörper mobilisiert werden. Bettlägerige Patienten können mit Visualisierungen arbeiten. Das Gehirn kann nicht unterscheiden, ob eine Bewegung tatsächlich ausgeführt oder nur gedacht wird. Diese Reize fördern die Regeneration von geschädigten Hirnarealen. Gleichzeitig gibt die yogische Philosophie Hoffnung und beeinflusst die mentale Gesundheit positiv.

Wie beginne ich mit Yoga nach einem Schlaganfall?

Zu Beginn ist ein erfahrener Lehrer bzw. eine erfahrene Lehrerin wichtig. Im Idealfall haben diese schon mit anderen Patienten gearbeitet und können die Übungen für Menschen mit Einschränkungen anpassen.

Bei Patienten mit einer Hemiparese oder Hemiplegie besteht die Gefahr, dass drohende Schäden nicht gespürt werden. Die Übungsleiter übernehmen eine große Verantwortung in der richtigen Anleitung. Teilweise bieten Rehabilitationseinrichtungen spezielle Yoga-Kurse für Menschen nach einem Schlaganfall an. Auch Einzelstunden können Sinn machen.

Am besten wird im Rehabilitationszentrum oder beim behandelten Arzt bzw. der behandelten Ärztin nachgefragt, ob es spezielle Angebote für Patienten gibt. Auch Yoga-Studios in der Umgebung können eine erste Anlaufstelle sein. 

Mann lacht in einer Yoga Klasse

Welcher Yoga Stil eignet sich für Schlaganfallpatienten?

Yogatherapie verbindet die östliche Yoga Tradition mit modernen therapeutischen Ansätzen des Westens. Dabei werden Atemübungen, Körperpositionen und Meditation auf die individuellen Bedürfnisse des Klienten angepasst. Yogatherapie ist für Patienten ein guter Beginn.

 Hatha ist quasi die Urform des Yoga. Die drei Säulen des Hatha sind Körper, Atem und Meditation. Im Einklang führen die Disziplinen zu einem besseren Bewusstsein über den eigenen Körper. Hatha Yoga ist für Schlaganfallpatienten geeignet.

Iyengar Yoga forciert eine präzise Ausführung der Posen. Durch den Einsatz von Hilfsmittel können die Übungen so modifiziert werden, dass Yoga für jeden bzw. jede möglich wird. Iyengar Yoga verfolgt einen therapeutischen Ansatz und ist für Schlaganfallpatienten geeignet.

Yin Yoga ist ein ruhiger Stil und wird oft als Ergänzung zu aktiveren Disziplinen eingesetzt. Die Positionen werden lange gehalten, um Beweglichkeit zu fördern und den Geist zu entspannen. Der Stil eignet sich gut für Patienten, stressgeplagte oder ältere Menschen.

Forrest Yoga kommt nicht vom Wald, sondern von der Gründerin Ana T. Forrest. Gegründet aus ihrer eigenen Geschichte ist Forrest Yoga die westliche Yoga-Antwort auf Belastungen des modernen Lebens. Der körperliche Fokus schult mit individuellen Einschränkungen und Verletzungen besser umzugehen und diese auszugleichen. Forrest Yoga ist für Schlaganfallpatienten geeignet.

Vinyasa Yoga ist ein aktiver und dynamischer Stil. Die verschiedenen Körperübungen werden in fließenden Bewegungen aneinandergereiht. Aufgrund der hohen Intensität ist dieser Stil für Schlaganfallpatienten weniger geeignet.  

Ashtanga konzentriert sich auf die Abfolge von  widerkehrenden Übungsserien. Der Stil ist dynamisch und körperlich fordernd. Für Schlaganfallpatienten ist dieser Stil zu Beginn nicht zu empfehlen.


Yoga als Therapie nach einem Schlaganfall: Ja oder Nein?

Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Einschränkungen fühlen sich oft überfordert. Neben Arztbesuchen und Therapien kann der Wunsch entstehen, selbst etwas für die eigene Gesundheit zu tun.

Yoga ist niederschwellig für jeden erreichbar und verspricht einen großen gesundheitlichen Nutzen. Patienten können selbst aktiv werden und etwas für ihre Genesung unternehmen. Bevor mit Yoga gestartet wird, muss immer eine ärztliche Abklärung erfolgen. 

Zu Beginn sollten Patienten von einem erfahrenen Trainer bzw. Trainerin begleitet werden. Achtsamkeit und Ehrlichkeit im Umgang mit den eigenen Grenzen schützen vor Überlastung.

Bewegung tut dem Körper gut, bewusste Atmung und Meditation tun dem Geist gut. Sicher ausgeführt kann Yoga das körperliche und seelische Wohlbefinden von Patienten positiv beeinflussen.

 

 

Autorin: Michaela Partel



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