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Gesundheit

Was ist eine Hemiplegie? Ursachen, Symptome, Therapie bei Halbseitenlähmung nach einem Schlaganfall

11. Oktober 2021 5 min. Lesezeit

Die Hemiparese oder Hemiplegie wird umgangssprachlich als Halbseitenlähmung bezeichnet. Sie ist keine eigenständige Erkrankung. Die Hemiplegie ist ein Symptom einer Erkrankung oder Schädigung des Gehirns. Sie kann als Leitsymptom beispielsweise bei einem Schlaganfall (ischämisch oder hämorrhagisch) oder auch als ein Begleitsymptom auftreten.

Arzt prüft mit kleinem Hammer die Wahrnehmung eines Patienten an den Füßen

Hemiparese versus Hemiplegie: Was ist der Unterschied?

Die Begriffe Hemiplegie und Hemiparese beziehen sich beide auf eine Einschränkung der sensomotorischen Funktionen einer Körperseite bzw. eines Körperteils.

Bei der Hemiparese kommt es zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Schwäche einzelner Muskelgruppen. Es kann auch ein gesamter Arm, ein gesamtes Bein oder die komplette Körperhälfte betroffen sein. Eine Hemiparese wird auch als unvollständige Lähmung bezeichnet.

Bei der Hemiplegie tritt eine vollständige Lähmung auf. Auch hier kann Arm, Bein, Gesicht und Oberkörper betroffen sein.

Im Alltag wird häufig der Begriff der Hemiplegie für beide Erscheinungsbilder verwendet. Im nachfolgenden Artikel wird der Begriff Hemiplegie verwendet. Alle beschriebenen Ursachen, Symptome und Therapien beziehen sich sowohl auf die Hemiplegie als auch die Hemiparese.

Symptome einer Hemiplegie

Im menschlichen Gehirn findet man verschiedene Strukturen, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind. Das Gehirn ist quasi unsere Schaltzentrale.

Wie bei einem Sicherungskasten können auch hier Systeme ausfallen. Das fehlerhafte System kann seine Aufgaben im Körper dann nur mehr teilweise oder gar nicht mehr erfüllen. Es kommt zu einer Schwäche oder Lähmung des betroffenen Körperteils oder der gesamten Körperseite. Entscheiden dafür ist, wo sich die Schädigung im Gehirn befindet und wie stark diese ist.

Umriss eines menschlichen Kopfes mit Zahnrädern auf gelben Hintergrund

Kleinere Schädigungen betreffen einzelne Körperteile. Bei großen Schädigungen des Nervengewebes kann auch die gesamte Körperseite vollständig gelähmt sein. Die Bewegungsfähigkeit des Patienten ist stark eingeschränkt oder ein selbstständiges Bewegen ist nicht mehr möglich.

In der ersten Zeit nach Auftreten eines Schlaganfalls wird die Halbseitenlähmung als pseudoschlaffe Lähmung bezeichnet. Die betroffene Extremität kann nicht aktiviert werden und hängt leblos am Körper.

Häufig beginnt die Muskulatur erst nach Wochen bis Monaten  wieder zu arbeiten. Es kann zu überschießenden und unkontrollierten Bewegungen kommen. Ebenso kann sich die Spannung der Muskulatur erhöhen und kann nicht oder nicht ausreichend kontrolliert werden. Das wird als Spastizität bezeichnet.

Häufig kommen Störungen der Sensibilität in den betroffenen Extremitäten hinzu. Patienten nehmen Berührungen, Schmerz oder Temperatur verändert wahr. Sie spüren die Reize nicht, nur sehr schwach oder in selteneren Fällen verstärkt.

Des Weiteren berichten Betroffene häufig von Schwierigkeiten abzuschätzen, wo sich ihre Körperteile im Raum befinden. Auch Missempfindungen wie ein Kribbeln in den Armen oder Beinen können auftreten.

Ist die Gesichtsmuskulatur von der Lähmung betroffen, spricht man von einer Fazialisparese. Die Gesichtslähmung ist ein Leitsymptom bei einem Schlaganfall. Bemerkt man bei einer Person plötzlich einen herabhängenden Mundwinkel, verwaschene Sprache oder andere untypische Einschränkungen, sollte ein Notruf abgesetzt werden. Der FAST-Test (Face, Arms, Speech, Time)  hilft den Verdacht auf einen Schlaganfall zu überprüfen.

Was kann nach einem Schlaganfall noch auftreten?

Bei größerer Ausdehnung der Schädigung im Gehirn können noch weitere Symptome auftreten:

  • Sprachstörungen (Aphasie): Treten auf, wenn die dominante Hirnhälfte betroffen ist (bei Rechtshändigkeit ist die linke Hirnhälfte dominant und umgekehrt). Es gibt verschiedene Formen und Ausprägungen der Sprachstörungen. Schluckstörungen gehen häufig mit einher.
  • Neuropsychologische Veränderungen: Die Gedächtnisleistung, Konzentrationsfähigkeit oder emotionale Empfindungen können beeinträchtigt sein. Betroffene leiden häufig an einer depressiven Symptomatik aufgrund der veränderten Situation.
  • Handlungs- und Planungsstörungen (Apraxie): Betroffene können alltägliche Handlungen nicht mehr in geordneter Reihenfolge ausführen. Zum Beispiel wird das Unterhemd über dem Hemd angezogen. Auch die adäquate Verwendung von Gegenständen kann gestört sein. Ein Kamm wird beispielsweise nicht mehr als solcher erkannt und somit unpassend verwendet.
  • Störungen der Kontinenz: Harn und / oder Stuhl können nicht ausreichend gehalten werden.

Je nachdem welche Gehirnhälfte betroffen ist, treten manche Störungen statistisch gesehen gehäuft oder ausschließlich auf. So kommt es bei einer Schädigung der rechten Gehirnhälfte häufiger zu Störungen der Körperwahrnehmung. Auch die Wahrnehmung von Reizen auf der betroffenen Seite (Neglect, Pusher Symptomatik) kann beeinträchtigt sein.

Eine Schädigung der linken, meist dominanten Gehirnhälfte geht typischerweise mit  Sprachstörungen und Störungen der Handlungs- und Planungsfähigkeit (Apraxie) einher.

Behandlung einer Hemiplegie

Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten einer Hemplegie sind abhängig von der Ursache. Wird bei einem Schlaganfall rechtzeitig reagiert, können Medikamente zur Auflösung des Blutgerinnsels zum Einsatz kommen. Ist eine virale oder bakterielle Erkrankung (z.B. Gehirnentzündung) ausschlaggebend, kommen entsprechende Medikamente zum Einsatz. Bei einer Tumorerkrankung kann auch eine Strahlentherapie oder Operation notwendig sein.

Schon während und vor allem nach der Akutphase einer Hemiplegie kommen verschiedene Therapien zum Einsatz:

  • In der Physiotherapie wird an der Bewegungsfähigkeit, dem Wiedererlangen der Kontrolle über die Muskelfunktionen und der Körperwahrnehmung gearbeitet.
  • In der Ergotherapie wird der Einsatz der wiedererlangten Körperfunktionen im Alltag trainiert. Mit den Betroffenen wird an alltäglichen Bewegungsabläufen gearbeitet.
  • Die Logopädie arbeitet am Wiedererlangen oder Verbessern der Schluck- und Sprachfunktionen.
  • Die Psychologie kommt bei ausgeprägten Wahrnehmungsstörungen zum Einsatz. Des Weiteren bietet psychologische Hilfe dem Betroffenen Unterstützung, seine Situation besser annehmen zu können. Auch die Wiedereingliederung in die Arbeitstätigkeit oder Umorientierung zu anderen Möglichkeiten können thematisiert werden.

Die Behandlung einer Hemiplegie erfolgt immer in enger Abstimmung mit Ärzten, Therapeuten und dem Patienten. Die multiprofessionelle Arbeit ermöglicht es, die Vielfältigkeit der Störungen abzudecken.

Häufig wird das Bobath-Konzept, PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation) oder das Konzept nach Perfetti und Forced Use angewandt. Zusätzlich können gerätegestützte, tiergestützte oder Mal- und Gestaltungstherapie zur Anwendung kommen.

Wie ist die Prognose einer Hemiplegie?

Die Entwicklung einer Hemiplegie ist abhängig vom Ausmaß der Schädigung bzw. der zugrundeliegenden Erkrankung. Bei einem Schlaganfall ist schnelle medizinische Hilfe  sowie die Behandlung in einer spezialisierten Stroke Unit entscheidend.

In manchen Fällen kommt es zu einer weitgehenden, selten zu einer vollständigen Rückbildung der Lähmung. Die meisten Betroffenen lernen mit den Einschränkungen zu leben. Eine kontinuierliche Therapie und eigenständiges Training ermöglichen es, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. Des Weiteren ermöglichen verschiedene Hilfsmittel Patienten größtmögliche Selbstständigkeit im Alltag.

 

Autorin: Saskia Wibner


Quelle:

Amshoff et al. (2010). physiolexikon: Physiotherapie von A bis Z. Thieme Georg Verlag, Stuttgart

 


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