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Gesundheit

Spiegeltherapie nach Schlaganfall: „Spieglein, Spieglein für die Hand!“

3. Januar 2022 6 min. Lesezeit

Wie die Spiegeltherapie die Rehabilitation nach einem Schlaganfall unterstützen kann

Dem Spiegel werden im Märchen geheimnisvolle Kräfte nachgesagt. Geheimnisvoll ist es auch, wie es möglich ist, dass Menschen mit einem Schlaganfall, nach vielen Wochen der Lähmung, plötzlich wieder erste Bewegungen an ihrer Hand oder ihrem Bein beobachten können.

Wie ein Spiegel beim Wiedererlernen von Bewegungen unterstützen kann und was es braucht, um selbst einen Therapiespiegel zu bauen, erfahren Sie in diesem Artikel.

 

Frau drückt einen kleinen Ball vor einem Spiegel zusammen

Was bedeutet Spiegeltherapie nach einem Schlaganfall?

Die Spiegeltherapie kommt zum Einsatz, wenn Extremitäten einseitig von einer Beeinträchtigung betroffen sind, wie z.B. nach einem Schlaganfall.

Bei der Spiegeltherapie als Reha Maßnahme wird der Spiegel zwischen den Armen bzw. zwischen den Beinen platziert. Die spiegelnde Seite ist auf die gesunde oder weniger betroffene Gliedmaße gerichtet.

Mit dem Spiegelbild des weniger betroffenen Arms oder Beins tricksen Sie Ihr Gehirn aus. Es entsteht der Eindruck, dass auch die betroffene Seite, die sich hinter dem Spiegel befindet, die Bewegung ohne Probleme ausführen kann.


Richtig Üben mit dem Arm

Bevor eine Therapie begonnen wird, sollte immer mit dem behandelten Arzt oder Therapeuten gesprochen werden.

Der Spiegel wird mittig zwischen den Armen platziert. Beginnen Sie, indem Sie die Finger und Gelenke der weniger betroffenen Seite bewegen. Sie können z.B. den Unterarm drehen und das Handgelenk beugen und strecken.

Bewegen Sie anschließend die Hand zur Seite und dann wieder zum Körper oder kreisen Sie mit dem Handgelenk, spreizen Sie die Finger oder formen Sie eine Faust. 

Dabei beobachten Sie Ihre weniger betroffene Hand im Spiegel und bewegen die Hand hinter dem Spiegel so gut es geht mit.

In einem nächsten Schritt führen Sie komplexere Bewegungen mit der gesunden Hand aus. Sie können z.B. einen kleinen Ball kneten oder Karten umdrehen. Auch das Umschütten von Reis von einer Tasse in die andere, sowie das Malen mit Filzstiften oder einem Pinsel würde gut passen.

Setzt Ihr Ergo- oder Physiotherapeut die Spiegeltherapie ein, kann es auch sein, dass die Bewegungen der gesunden Hand geführt werden und Sie sich darauf konzentrieren, wie sich die Gelenkstellung anfühlt. Auch in diesem Fall sollten Sie anschließend versuchen, die betroffene Hand zu bewegen.

Richtig Üben mit dem Bein

Für das Üben mit dem Bein bietet sich ein Rollspiegel an, den man zwischen die Beine rollt.

Sie sollten dabei etwas erhöht sitzen, dann können Sie die Beine und Füße einfacher bewegen.

Führen Sie nun die Bewegungen mit dem weniger betroffenen Bein durch und beobachten es im Spiegel. Sie beginnen, indem Sie es beugen und strecken. Denken Sie auch daran, dass Sie das Sprunggelenk, das Knie und die Hüfte isoliert in alle möglichen Richtungen bewegen können. 

Und auch hier sollten Sie das Bein hinter dem Spiegel aktiv mitbewegen. Eventuell unterstützt Ihr  Therapeut sogar die Bewegung, wenn sie nicht ganz ausgeführt werden kann.

Ergotherapeuten und Physiotherapeuten stimmen die Übungen sehr genau auf Ihre Fähigkeiten ab. Sollten Sie sehr schwer betroffen sein, werden einfachere Übungen gewählt und die Trainingsintensität geringgehalten.

Eine komplexe Bewegung mit dem Bein bzw. dem Fuß wäre z.B. das Aufheben eines Tuches vom Boden, oder das Rollen eines Balles unter dem weniger betroffenen Fuß.

Die richtige Trainingsintensität

In der Regel wird die Spiegeltherapie als Reha Maßnahme über einen Zeitraum von 3-4 Wochen durchgeführt. Dabei sollte, abhängig von der körperlichen Verfassung, fünf Mal pro Woche zwischen 20 und 50 Minuten trainiert werden.

Die Übungseinheiten können auch auf zweimal aufgeteilt werden. Jede Bewegung sollte bis zu 30 Mal wiederholt werden. Dazwischen erfolgt eine Minute Pause, bevor die nächste Bewegung gestartet wird.

Je komplexer die Bewegungen sind, umso länger sollten sie geübt werden.

Die meisten Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Spiegeltherapie immer zusätzlich zur Physio- bzw. Ergotherapie durchgeführt werden soll.

Die Spiegeltherapie kann auch gut zuhause als zusätzliche Therapie durchgeführt werden. Fragen Sie Ihren Therapeuten, welche Übungen für Sie besonders geeignet sind.


Was verbessert sich durch die Spiegeltherapie?

Ein RCT konnte zeigen, dass zusätzliche Spiegeltherapie als Ergänzung zur herkömmlichen Ergo- und Physiotherapie den Therapieerfolg positiv beeinflusst.

Auch wenn sich die Spastizität nicht wesentlich verändert hat, so konnten die Schlaganfallpatienten mit der zusätzlichen Spiegeltherapie größere Schritte machen und schneller und sicherer gehen, als zu Therapiebeginn.

Die Patienten geben auch an, dass sie nach der Spiegeltherapie ihre gelähmten Extremitäten besser spüren.

 

Frau hält Objekt in der Hand und trainiert vor einem Spiegel

Wie wirkt die Spiegeltherapie?

Noch ist nicht geklärt, wie Spiegeltherapie wirklich wirkt. Aber es gibt einige Vermutungen.

Nach einem Schlaganfall kommt es durch den Nichtgebrauch der betroffenen Körperteile, zusätzlich zu Schädigungen im Gehirn. Die Veränderungen betreffen den motorischen Kortex. Die Hirnaktivität nimmt in jenem Bereich ab, in dem die betroffene Extremität abgebildet ist.

Während der Durchführung der Spiegeltherapie kommt es zu neuralen Aktivitäten in dieser Hirnregion. An dieser Stelle werden Reorganisationsprozesse angeregt, die zur Verbesserung der Bewegung führen können. Mittels moderner Technologie, wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI), konnte die Aktivierung der beteiligten Gehirnregionen während der Spiegeltherapie sichtbar gemacht werden.

Es konnte auch gezeigt werden, dass sowohl passive als auch aktive Bewegungen mit der weniger betroffenen Hand, stimulierend auf Hirnaktivitäten wirken. Auch das Mitbewegen der betroffenen Seite hinter dem Spiegel dürfte besonders wichtig sein.


Die Rolle der Spiegelneuronen bei der Spiegeltherapie

Auch die Spiegelneuronen sind in Bezug auf die Wirkmechanismen der Spiegeltherapie im Gespräch. Spiegelneuronen werden z.B. bei kleinen Kindern aktiviert, wenn diese die Erwachsenen beobachten und daraufhin deren Bewegungen nachahmen.

Spiegelneuronen dienen der Stimulation motorischer Hirnregionen, indem sie bei der Vorstellung, sowie der Beobachtung von Bewegungen mobilisiert werden und zum aktiven Bewegen anregen.

Während der Spiegeltherapie findet eine Beobachtung der eigenen Bewegung statt und somit ist die Aktivierung der Spiegelneuronen sehr wahrscheinlich.

Die psychoneuromuskuläre Theorie

Im Rahmen dieser Theorie nimmt man an, dass bestimmte zentrale Bewegungsmuster (wie z.B. das Gangmuster) nach einem Schlaganfall mit Bewegungsstörungen, erhalten bleiben.

Man geht davon aus, dass durch die Vorstellung einer Bewegung, diese Muster im selben Ausmaß aktiviert und gefestigt werden, wie bei der aktiven Bewegungsausführung. Dadurch könnte der Prozess des Bewegungslernens beschleunigt werden. Nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren auch Visualisierungen, mit denen Spitzensportler oftmals arbeiten.

 Nach wie vor bleibt es geheimnisvoll, wie der Einsatz eines Spiegels zu Verbesserungen von Bewegungen nach einem Schlaganfall führen kann. Viele Patienten haben aber bereits von dieser Therapiemethode profitiert. Fragen Sie ihren Therapeuten, ob auch Sie von der Spiegeltherapie einen Nutzen ziehen könnten.

Therapiespiegel selber bauen

Wenn Sie zuhause mit der Spiegeltherapie üben möchten, brauchen Sie einen geeigneten Spiegel. Haben Sie Angehörige oder Freunde, die gerne basteln? Hier gibt es eine kurze Anleitung, um sich selbst einen Spiegel für die Therapie zu bauen.

Sie brauchen:

  • eine stabile Grundplatte aus Holz (ca. 40cm x 30cm)
  • zwei Holzleisten (Höhe ca. 4 cm)
  • Leim
  • einen Spiegel in der Größe der Grundplatte (Möbel- oder Fachhandel).

Die Spiegelkanten sollten geschliffen und gerundet sein und das Glas soll bruchsicher sein.

Die beiden Leisten werden auf 40 cm Länge zugeschnitten und in der Mitte der Grundplatte parallel zueinander angeleimt. Der Spiegel kann so zwischen den Leisten eingeklemmt werden kann.

Auch im Online-Handel oder im Orthopädiefachgeschäft können Therapiespiegel bezogen werden.

 

Autor: Hannes Aftenberger



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