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Gesundheit

Multiple Sklerose – Wie die Autoimmunkrankheit das Leben auf den Kopf stellt

11. April 2022 6 min. Lesezeit

Häufiges Umknicken des Fußes während des Sports. Phasenweise Kribbeln oder Taubheit an einem Arm oder Bein. Große Müdigkeit über den gesamten Tag oder bei Alltagstätigkeiten. Verschwommenes Blickfeld. Das alles können Anzeichen für Multiple Sklerose (MS) sein.

Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata) ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Das typische Erkrankungsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren. Die Diagnose MS wirft viele Fragen für Betroffene sowie Angehörige auf. In diesem Artikel wird versucht, ein paar Antworten zu geben.

 

Arzt erklärt Patientin die Ergebnisse eines MRT

Ursachen der Multiplen Sklerose

Multipler Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem richtet sich gegen sich selbst und greift körpereigene Zellen an.

Trotz weltweiter Forschung sind die genauen Ursachen für MS noch nicht vollständig geklärt. Die klassische MS-Theorie geht von drei Faktoren, die zum Ausbruch der Erkrankung führen, aus:

  • Eine genetische Prädisposition: Bei ca. 15 % der MS-Patienten sind weitere MS-Erkrankungen im engeren oder weiteren Familienkreis bekannt.
  • Umwelteinflüsse in der Kindheit: Virus-Infektionen (z.B. Epstein-Barr-Virus) oder Vitamin-D-Mangel.
  • Ein auslösendes Ereignis im Erwachsenenalter: Das auslösende Ereignis ist nicht endgültig bekannt. Zumeist steht eine emotionale Belastung vor dem ersten Krankheitsschub.

In der Wissenschaft besteht Einigkeit darüber, dass vermutlich ein komplexes Zusammenspiel von umweltbedingten, genetischen und epigenetischen Faktoren für den Ausbruch der Krankheit entscheidend ist.

Welche Symptome treten bei Multipler Sklerose auf?

Die Symptome sind vielfältig und äußern sich bei jedem Patienten anders. Daher wird MS auch als “Krankheit mit tausend Gesichtern“ bezeichnet.

MS tritt in unterschiedlichen Verlaufsformen auf. In den meisten Fällen (85 – 90 %) folgt die Erkrankungen einem schubförmigen Verlauf.

Die neurologischen Symptome treten relativ plötzlich auf, klingen im Verlauf von mehreren Wochen wieder ab und bilden sich zu Beginn häufig vollständig zurück.

Durch das Abflauen der Symptome wird Multipler Sklerose nicht immer sofort diagnostiziert. Es können Jahre vergehen, bis die Diagnose gestellt wird.

Im Verlauf der Erkrankung bilden sich die Symptome während des Schubes nicht mehr ganz zurück. Es bleibt eine Restsymptomatik bestehen. Der Übergang in einen chronischen Verlauf mit einer schleichenden Verschlechterung der Symptome ist möglich.

Selten tritt die Erkrankung schon von Beginn an mit einer schleichenden Verschlechterung auf (10 – 15 %). Hier können keine Schübe abgegrenzt werden.

Die Symptome sind vielfältig und hängen davon ab, in welchen Bereichen des zentralen Nervensystems die Entzündungen auftreten. Im Folgenden werden einige, mögliche Symptome beschrieben:

  • Optikusneuritis (Entzündung des Sehnervs) – Verschlechterung des Sehens: häufiges Erstsymptom, tritt meist nur auf einem Auge auf, Nebel-/Schleiersehen, Schmerzen können auftreten
  • Gefühlsstörung – Missempfindungen (Parästhesien) wie z.B. Kribbeln, Spannungsgefühle um die Gelenke: häufiges Erstsymptom, häufig symmetrisches Auftreten, das socken- oder handschuhförmig beschrieben wird, gestörtes Temperaturempfinden, Taubheit
  • Augenmotilitätsstörung – z.B.: Doppelbilder, Nystagmus (unkontrollierte Augenbewegungen horizontal oder vertikal)
  • Parese (Schwäche) / Plegie (Lähmung) – Anfangs werden häufig leichte Schwächen, wie eine „Müdigkeit“ im Arm / Bein beschrieben. Häufiges Umknicken oder auch ein Gefühl der Steifigkeit können erste Anzeichen sein. Lähmungen treten zu Beginn selten auf.
  • Koordinationsstörung – Entwickelt sich häufig im Laufe der Erkrankung, z.B. Drehschwindelattacken, Gleichgewichtsstörungen, Zittern (Tremor)
  • Vegetative Funktionsstörung – Veränderung der Blasenfunktion (z.B. häufiger Harndrang oder häufige Harnwegsinfekte), Sexualstörungen, verstärktes oder vermindertes Schwitzen
  • Psychophysische Symptome – Fatigue (abnorme Ermüdbarkeit) – es tritt eine ausgeprägte Erschöpfung/Ermüdung auf, die durch Ruhephasen verbessert wird
  • Psychische Veränderungen – Kognitive Beeinträchtigung: z.B. eingeschränkte Aufmerksamkeit, reduzierte Gedächtnisleistung, depressive Verstimmungen

Multipler Sklerose hat viele Gesichter – Faustregel:

  • 1/3 der MS-Patienten weist lebenslang keine nennenswerten Beeinträchtigungen auf.
  • 1/3 der MS-Patienten zeigt Einschränkungen, die alltägliche Tätigkeiten beeinträchtigen. Trotzdem ist weitgehend ein normales Leben möglich (z.B.: Berufstätigkeit, Familienplanung).
  • 1/3 der MS-Patienten hat deutliche Beeinträchtigungen (z.B.: Berufsunfähigkeit, Verlust der Gehfähigkeit).

Wie wird die Diagnose Multiple Sklerose gestellt?

Ein ausführliches Anamnesegespräch und eine gute Patienten-Dokumentation sind entscheidend, um den Verdacht auf die Diagnose Multipler Sklerose zu stellen.

Besteht der Verdacht, wird dieser mit einer Liquorpunktion aus dem Rückenmark oder mithilfe eines MRT überprüft werden.

Medikamentöse Therapie bei Multipler Sklerose

Während eines akuten MS-Erkrankungsschubes kann eine Kortisontherapie helfen, den Schub zu verkürzen und die Folgen zu reduzieren.

Die Langzeittherapie ist abhängig vom Verlauf. Durch verschiedene Medikamente wird auf das Immunsystem eingewirkt. Dabei wird das Immunsystem entweder unterdrückt (Immunsuppression) oder beeinflusst (Immunmodulation).

Eine wirksame Immuntherapie kann das Fortschreiten der Krankheit bzw. die Beeinträchtigung durch die Erkrankung deutlich positiv beeinflussen.

Rehabilitation und konservative Therapie bei Multipler Sklerose

Rehabilitationsmaßnahmen bei Multipler Sklerose sollen den Erhalt von körperlichen, sozialen und/oder beruflichen Fähigkeiten unterstützen. So vielfältig wie die Symptome der Erkrankung sind auch die Therapiemaßnahmen. Diese reichen von Physio- und Ergotherapie, über Logopädie bis hin zu Psychotherapie.

Junge Frau in einer Bewegungstherapie in der Gruppe

Ziele der Rehabilitation bei Multipler Sklerose:

  • Erhalt oder Verbesserung der funktionellen Leistungsfähigkeit
  • Förderung der Selbstständigkeit und persönlichen Mobilität
  • Förderung und Erhalt der Einbindung in Familie, soziales Umfeld und Beruf
  • Vorbeugung oder Behandlung möglicher Folgeschäden
  • Linderung von psychischen Auswirkungen
  • Verringerung von Pflegebedürftigkeit und Umfang der erforderlichen Betreuung

Ein aktiver Lebensstil (soweit möglich) ist bei Multipler Sklerose wichtig. Studien belegen, dass physiotherapeutische Maßnahmen die Mobilität und Muskelkraft von Patienten steigern, Müdigkeit verringern und die Lebensqualität verbessern.


Junger Mann im Rollstuhl malt ein Bild

Leben mit Multipler Sklerose

Im Umgang mit einer chronischen Erkrankung ist es wichtig, die Krankheit nicht zum Lebensmittelpunkt werden zu lassen. Betroffene müssen lernen, den Zustand zu akzeptieren und Strategien für einen neuen Alltag entwickeln.

 

Bewusst „krankheitsfreie“ Zeiten, mit Freunden, in der Natur oder mit Hobbys können helfen, sich als Mensch und nicht als Patient zu fühlen. Das ist leichter gesagt als getan. Gespräche mit anderen Betroffenen (z.B. im Rahmen von Selbsthilfegruppen) oder auch eine psychotherapeutische Behandlung können hilfreich sein.

 

Insbesondere körperliche Aktivität ist wichtig für den Erhalt der Leistungsfähigkeit und ein gutes Körpergefühl. Dennoch gilt es, die eigenen Grenzen zu akzeptieren. Zu wenig, aber auch zu viel Aktivität kann sich ungünstig auf den Krankheitsverlauf auswirken. Alles, was Spaß macht und mit den körperlichen Fähigkeiten vereinbar ist, ist erlaubt!

 

Im Familien- und Sozialleben ist eine offene Gesprächskultur mit Multipler Sklerose gefragt. Auch Angehörige fühlen sich zu Beginn der Erkrankung überfordert. Gemeinsam über die Unsicherheiten und Herausforderungen zu reden, kann Missverständnissen vorbeugen.

Im Laufe des Lebens mit Multipler Sklerose entwickelt jeder Mensch eigene Strategien im Umgang mit schwierigen Situationen.

 

 

Autorin: Saskia Wibner



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